Quasten sind Posamente. Aber was sind Posamente?
Die prachtvollen Quasten auf dem Foto sind Beispiele für Posamente.

Quasten sind Posamente. Aber was sind Posamente?

Quasten, Troddeln, Litzen sind Posamente. Oder Posamenten.  Genauso wie Bordüren, Tressen und Kordeln. Und genau diese Posamente hebe ich heute aufs Postament. Weil sie so wunderschön sind, dass ich mich mit ihnen beschäftigt habe.

Ein Blick auf das Wort Posament und seine Geschichte:

Das schöne alte Wort Posament ist sprachlich interessant: Das Grimmsche Wörterbuch führt ein Zitat aus dem Frankfurter Bürgermeisterbuch von 1406 als erste deutsche Quelle an und benennt die Herkunft aus dem Französischen (passement). 

Das französische Verb „passer“ für passieren, entlangziehen, durchziehen beschreibt ganz gut den Arbeitsgang des Durchziehens von Metalldrähten, beziehungsweise Textilfäden.

Posamente oder Posamenten? Was gilt denn nun? Das aktuelle Online-Wörterbuch von Wortbedeutung.info informiert darüber, dass das Wort Posament im Plural auf -e oder -en enden kann:

Das Substantiv dekliniert in modernem Gebrauch überwiegend gemischt (Nominativ Plural Posamenten). Die starke Pluralform Posamente lässt sich daneben aber, obwohl in den meisten Rechtschreibwörterbüchern des Gegenwartsdeutschen nicht (mehr) erwähnt, auch noch nachweisen. Adelung (1801), Heyse (1842) und in moderner Zeit auch das Österreichische Wörterbuch (2016) notieren den Nominativ Plural nur auf -e, Sanders (1863) und Mackensen (1986) sowohl auf -e als auch auf -en. Beide Pluralformen sind früh bezeugt.Im Frühneuhochdeutschen daneben auch noch mit endungslosem Plural. Der -en-Plural bei Neutra war im Frühneuhochdeutschen grundsätzlich Ausnahmeerscheinung, trat aber namentlich auch bei einer Gruppe von nicht wenigen Fremdwörtern, zu der posament offenbar gehörte, als Konkurrenzform auf.

Wie bei den Brüdern Grimm führt auch Wortbedeutung.info weitere, heute veraltete Formen auf:
Passement, Pasement (beide insbesondere im westdeutschem Gebiet), Posement, Posiment, Passament, Pasament

Was genau ist ein Posament?

Das ist schnell erklärt: Posamente sind dekorative Elemente ohne eigene Funktion an Textilien. Als Schmuckelement zieren Posamente Kleidungsstücke, aber auch Polstermöbel, Lampenschirme, Vorhänge, Kissen und andere Heimtextilien. 

Wir sprechen hier von Fransen, Troddeln, Quasten, Litzen, Borten, Kordeln, Brokat-Artikeln, Schnüren, Flecht- und Rundschnüren, Zierbändern und Spitzen etc. etc.

Zu Beginn waren Posamente überwiegend aus (Edel-)Metalldrähten gewirkte Dekoelemente. Als Borten und Tressen fanden sie lange Anwendung an prachtvollen Paradeuniformen. Erst später wurden Fäden verarbeitet. Gelegentlich in Verbindung mit Metallfäden.

Wie entstehen Quasten & CO?

Durch die Technik der Posamentrie wurde es möglich, figurale Elemente herzustellen, ohne dass es ein Trägermaterial (Metall, Holz) brauchte. Es musste also nichts umwickelt oder umhäkelt werden, um plastische, dreidimensionale Elemente aus Draht oder Faden zu fertigen. Diese Technik gab auch der Herstellung von Spitzen einen enormen Push. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hergestellt werden Posamente vom Posamentierer. „Posamentierer“ ist auch der heute noch gängige Begriff. Früher gab es jedoch eine ganze Reihe von Bezeichnungen für Handwerker, die Posamente herstellten.

Interessant ist, dass diese alten Begriffe konkrete Hinweise auf die unterschiedlichen Sorten von Posamenten gaben und dadurch präziser waren:

  • Posamentier 
  • Posamenter
  • Possementierer
  • Bortenwirker
  • Bandbereiter
  • Bandweber
  • Besatzmacher
  • Brämelmacher
  • Breiser 
  • Breisler 
  • Gorler
  • Gorlnäher
  • Gürtelwirker 
  • Knöpfelmacher
  • Quastenmacher
  • Schleiermacher
  • Schnürmacher 
  • Tressenwirker 

Posamente werden mit verschiedenen Maschinen in Handarbeit hergestellt. So gibt es  Seilmaschinen, Flechtmaschinen oder Wirkmaschinen und den Posamentierstuhl. Dieser ähnelt dem Webstuhl, ist aber kleiner und mit besonderen Vorrichtungen zur Herstellung von Mustern versehen. 

Bei Wikipedia habe ich gelernt, dass Posamente oft in Heimarbeit gefertigt wurden. Im Erzgebirge gab es vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts um die Bergwerksstadt Annaberg-Buchholz herum ein Zentrum der Posamentrie. Ebenso in der Region Basel.

Wenige kleine Fabriken und Manufakturen arbeiten heute noch in Handarbeit mit oder auf historischen Maschinen. Ich verlinke unten zwei solcher Betriebe, auf deren Websites Sie einen visuellen Eindruck von diesem alten Handwerk bekommen. Vielleicht haben Sie Lust, mal hinzuklicken.

Das Foto, mit dem ich diesen Blogbeitrag illustriere, habe ich 2018 in Paris gemacht. Es zeigt die Auslage eines Posamentierers.


Neben diesen schönen Quasten begeisterten mich Korallen und andere filigrane Figuren als Schlüsselanhänger. Ich verlor mich geradezu in all den opulenten, farbenfrohen Kunstwerken, die es zu sehen gab. Die unzähligen Quallenfüße der Quasten fangen schon bei leichtem Schütteln an zu tanzen. Bordüren, Kordeln und Troddeln verlangen unwiderstehlich danach, berührt zu werden. Meine Finger folgen den Strängen und Linien und wundern sich darüber, dass etwas so fest Gefügtes so samtig sein kann.

Schauen Sie sich hier das Posementier-Unternehmen Gerster an

Bestaunen Sie hier die alten Maschinen der Manufaktur Jende

Zum Wörterbuch der Brüder Grimm kommen Sie hier (Bd 13 SP 2009)

Den kompletten Eintrag zu „Posament“ bei Wortbedeutung.info lesen Sie hier